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Es kommt leider, auch bedingt durch die Corona-Pandemie, dass Unternehmen mit finanziellen Engpässen zu kämpfen haben, etwa aufgrund von ausbleibenden Zahlungen auf Seiten von Kunden.
Für diesen Fall bieten Banken einen Kontokorrentkredit an, mit dem man einen solchen Engpass kurzfristig überbrücken kann. Was ein Kontokorrentkredit ist, welche Besonderheiten diese Kreditart hat und was es vor und bei der Beantragung zu beachten gilt, erfährst du in diesem Beitrag.
Was ist ein Kontokorrentkredit?
Laut Definition für den Kontokorrentkredit wird dieser an Unternehmen vergeben, ist also ein Betriebskredit, der zur Finanzierung der Produktion sowie zur Güterbereitstellung genutzt wird. Bei dieser Kreditart gewährt die Bank einem Unternehmen (oder einer Privatperson) eine kurzfristige Erweiterung des Verfügungsrahmens (auch als Kreditlinie bezeichnet) auf dem Geschäfts- oder Girokonto. Die Höhe des erweiterten Verfügungsrahmens wird vorher zwischen Bank und Kontoinhaber abgesprochen.
Man bezeichnet ihn sehr häufig auch als laufenden Betriebskredit, Betriebsmittelkredit, Saisonkredit, Zwischenkredit oder Überziehungskredit. Als Variante für Privatpersonen zählt der Kontokorrentkredit zur Kategorie der Konsumkredite und wird meistens als Überziehungskredit oder Dispokredit bzw. Dispositionskredit bezeichnet. Für einen solchen gibt es, im Gegensatz zum Kontokorrentkredit als betriebswirtschaftliche Kreditlinie, keinen Verwendungszweck.
Als rechtliche Grundlagen für den Kontokorrentkredit dienen vor allem die gesetzlichen Vorgaben zu Kreditverträgen, die AGB (Allgemeinen Geschäftsbedingungen) der Kreditinstitute, die Bestimmungen des HGB zum Kontokorrentkonto (§§ 355 ff. HGB) sowie die entsprechenden Paragrafen zum Thema Darlehen im BGB (§§ 488 ff., 493 ff. BGB).
Unterschied zwischen einem klassischen und einem Kontokorrentkredit
Während beim klassischen Kredit die Kreditsumme einmalig vereinbart wird, kann der Kreditnehmer beim Kontokorrentkredit den Verfügungsrahmen unterhalb der festgelegten Höhe ganz beliebig nutzen oder auch nicht. Die kreditgebende Bank erwartet vom Kreditnehmer beim Kontokorrentkredit, dass das Konto innerhalb des vereinbarten Abrechnungszeitraumes ausgeglichen wird. Dafür muss es Geldeingänge in ausreichender Höhe geben, damit der Kredit vollständig gedeckt ist. Anders als beim herkömmlichen Kredit hat die Bank beim Kontokorrentkredit die Möglichkeit, das Konto des Kunden einzufrieren, so dass er keinen Zugang mehr hat.
Wer bekommt einen Kontokorrentkredit?
Diese Kreditart in ihrer ursprünglichen Form steht vor allem Unternehmen bzw. Selbstständigen sowie Existenzgründern offen. Allerdings gibt es mit dem bekannten Dispokredit sozusagen einen Gegenpart im Privatkundenbereich.
Voraussetzungen für einen Kontokorrentkredit
Wenn du als Unternehmer einen Kontokorrentkredit beantragen möchtest, musst du natürlich bestimmte Voraussetzungen erfüllen:
- Geschäftskonto bei der kreditgebenden Bank
- Bonität (Prüfung durch Schufa-Abfrage)
- Vorhandensein von Sicherheiten
- Regelmäßigkeit bei eingehenden Zahlungen
Die Banken achten bei der Vergabe von Kontokorrentkrediten verstärkt auf die finanzielle Situation des beantragenden Unternehmens. So sollen Zahlungsausfälle vermieden werden.
Eröffnung eines Geschäftskontos für einen Kontokorrentkredit
Damit ein Unternehmen einen Kontokorrentkredit erhält, muss es vor allem ein Geschäftskonto besitzen, über welches der Kredit abgewickelt wird. Experten raten dazu, ein solches Konto bei einer Filialbank und nicht bei einer Online- bzw. Direktbank zu eröffnen. Das ist zwar prinzipiell möglich, allerdings muss man bei einer Direktbank fast immer Abstriche beim Service machen.
Mit einem persönlichen Ansprechpartner in der Bankfiliale lassen sich Vereinbarungen während eines Gesprächstermins wesentlich einfacher besprechen, als mit einem Supportmitarbeiter, der sich eventuell nicht wirklich auskennt. Gerade bei Problemen mit dem Geschäftskonto ist es sinnvoll, das persönliche Gespräch mit der Bank zu suchen.
Kann man einen Kontokorrentkredit online beantragen?
Im Zuge der Digitalisierung stellen immer mehr Banken und Kreditinstitute ihre Services so um, dass die Kunden sie auch via Internet in Anspruch nehmen können. Das gilt bei den meisten Banken auch für die Beantragung von Krediten. Du kannst also inzwischen ohne großen Aufwand auch einen Kontokorrentkredit online beantragen.
Welche Kosten entstehen dem Kreditnehmer durch den Kontokorrentkredit?
Für den Kreditnehmer entstehen bei der Inanspruchnahme des Kontokorrentkredits drei unterschiedliche Kosten:
- ihm entstehen Kosten durch die Zinsen auf den in Anspruch genommenen Betrag
- beansprucht der Kunde mehr Kredit als mit der Bank vereinbart ist, berechnet diese einen Zinszuschlag (in Form von Überziehungszinsen)
- der Kreditnehmer hat je nach Anlass Kontoführungsgebühren oder Bearbeitungsgebühren zu zahlen
Eine Besonderheit beim Kontokorrentkredit besteht darin, dass die von der Bank erhobenen Zinssätze für eine nicht vereinbarte, höhere Beanspruchung bzw. Überziehung normalerweise im zweistelligen Bereich liegen. Dadurch können sich für den Kreditnehmer enorme finanzielle Forderungen von Seiten der Bank ergeben.
Gibt es für den Kreditnehmer Risiken beim Kontokorrentkredit?
Aufgrund der komplexen Zinsstruktur von Kontokorrentkrediten bzw. Dispositionskrediten kannst du als Kreditnehmer leicht den Überblick darüber verlieren, wie hoch deine monatliche Zinslast für die Inanspruchnahme des Kredits tatsächlich ist. Vor allem, wenn du deinen Verfügungsrahmen stärker überziehst, als es ursprünglich mit der Bank abgesprochen war, fallen fast immer sehr hohe Zinsen im zweistelligen Bereich an.
Auch die deutliche Überziehung des Verfügungsrahmens birgt eine Gefahr, nämlich die fristlose Kündigung und kurzfristige Fällig-Stellung des Kredits durch die Bank. Infolgedessen kann ein Prozess einsetzen, der im schlimmsten Fall mit der Insolvenz deines Unternehmens enden könnte. Wenn nämlich die Bank eine Verzugsmeldung bei den Auskunfteien tätigt, verschlechtert sich dein Score bzw. Rating, wodurch andere Banken und unter Umständen auch Lieferanten keinen Kredit bzw. Lieferantenkredit mehr geben.
Durch ausbleibende Lieferungen kommt die Produktion ins Stocken und die Umsätze sinken. Alle diese Ereignisse verdichten sich zu einer Abwärtsspirale, verschlechtern die Liquidität des Unternehmens, so dass am Ende die vollständige Zahlungsunfähigkeit und Insolvenz steht.
Neben der Überziehung des Verfügungsrahmens und der Verschlechterung der finanziellen Situation des Unternehmens kann auch eine Verringerung des Wertes von bereitgestellten Sicherheiten dazu führen, dass die Bank den Kontokorrentkredit kündigt.
Geschäftlicher Kontokorrentkredit Vorteile und Nachteile
Jede Münze hat zwei Seiten, ebenso hat ein Kontokorrentkredit Vor- und Nachteile. Wer als Unternehmer überlegt, einen solchen Kredit in Anspruch zu nehmen, der sollte diese zumindest kennen und gegeneinander abwägen. Die folgende Tabelle zeigt die die jeweils wichtigsten:
Vorteile | Nachteile |
---|---|
Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit (Liquidität bleibt erhalten) | Unternehmenskennzahlen werden streng überprüft |
Schutz vor Zahlungsunfähigkeit und Insolvenz | Zinssätze sind in der Regel deutlich höher als bei langfristigen Kreditarten |
Vermeidung kurzfristiger, finanzieller Engpässe | Möglichkeit der fristlosen Kündigung bei Überziehung, Verschlechterung der finanziellen Situation oder sinkendem Wert der Sicherheiten durch die Bank |
Rückzahlung lässt sich variabel gestalten |
Privater Dispo- bzw. Kontokorrentkredit Vor- und Nachteile
Um dir hinsichtlich der zwei unterschiedlichen Arten des Kontokorrentkredits eine noch bessere Übersicht zu bieten, haben wir in der nächsten Tabelle alle Vor- und Nachteile des privaten Kontokorrentkredits bzw. Dispokredits zusammengefasst:
Vorteile | Nachteile |
---|---|
Schnelle Verfügbarkeit | Hohe Kosten aufgrund der Zinsstruktur des Kredits |
Kreditlinie lässt sich an die persönlichen Möglichkeiten und Bedürfnisse anpassen | Bei zu starker Überziehung oder ausbleibender Tilgung besteht die Gefahr der Kontoeinfrierung durch die Bank |
Die vereinbarte Summe steht nach der Bewilligung jederzeit zur Verfügung |
Wie kann ich einen Kontokorrentkredit kündigen?
Als Kreditnehmer hat ein Unternehmen eine denkbar schlechte Position gegenüber der Bank, wenn diese den Kontokorrentkredit kündigen möchte. Sie kann den Kredit kündigen, und zwar ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Sie hat sich zwar in ihren AGB dazu bereit erklärt, die Belange ihrer Kunden zu berücksichtigen, daraus lässt sich allerdings leider kein rechtlich haltbarer Anspruch ableiten. Die Sonderregelung für unbefristete Kredite sind in Nr. 19 Abs. 2 AGB-Banken festgehalten.
Beispielberechnung für einen Kontokorrentkredit
Bevor man einen Kontokorrentkredit in Anspruch nimmt, ist es sinnvoll, den Realzinssatz für einen bestimmten Zeitraum zu berechnen. Dabei werden die gegebene und erwartete Inflationsrate berücksichtigt. Die zur Berechnung notwendige Formel wird in Fachkreisen auch als Fischer-Gleichung bezeichnet. Sie lautet:
(Betragshöhe x Zinssatz x Dauer) ÷ (365 x 100)
Beim Kontokorrentkredit verlangt die Bank nur dann Zinsen, wenn er in Anspruch genommen wird. Nimmt man an, ein Einzelunternehmer überzieht sein Geschäftskonto für 20 Tage um einen Betrag von 2.500 Euro. Der Zinssatz für den Kontokorrentkredit wurde von der Bank mit 11 Prozent festgelegt. Dann ergibt sich folgende Rechnung:
2.500 x 11 x 20 ÷ (365 x 100) = 15,06 % Zinskosten
Wie hoch der Zinssatz für den Kontokorrentkredit tatsächlich ist, hängt von der kreditgebenden Bank ab. Er wird vertraglich festgeschrieben.
Wer bietet einen Kontokorrentkredit an?
Im Grunde haben alle Banken diese Kreditart in ihrem Portfolio, das gilt sowohl für Privatpersonen als auch für Unternehmen. Einen Kontokorrentkredit erhältst du beispielsweise bei den folgenden Anbietern:
- POSTBANK
- NORISBANK
- MAXDA
FAQ – Häufig gestellte Fragen zum Kontokorrentkredit
Unter einem solchen Kredit verstehen Finanzexperten die Gewährung eines vorher festgelegten Verfügungsrahmens auf einem Giro- oder Geschäftskonto. Ein Kontokorrentkredit ist ein Darlehen ohne feste Laufzeit.
Diese Kreditvariante gibt es für Unternehmen (als Kontokorrentkredit) und für Privatpersonen (unter der Bezeichnung Dispo- bzw. Dispositionskredit).
Neben einem deutschen Geschäftskonto muss eine ausreichende Bonität vorhanden sein. Zudem braucht man Sicherheiten und regelmäßige Geldeingänge auf dem Konto.
Nein, denn eine Voraussetzung für die Gewährung eines solchen Kredits ist die gute Bonität sowie eine erstklassige finanzielle Situation des Unternehmens.
Das hängt von der finanziellen Situation des Kreditnehmers ab. Da es sich um einen Kredit zur kurzfrostigen Überbrückung von finanziellen Engpässen handelt, der innerhalb eines festgelegten Abrechnungszeitraumes getilgt sein muss, kann man den Verfügungsrahmen um einige hundert oder um mehrere hunderttausend Euro erweitern.
Das liegt hauptsächlich an den meist deutlich höheren Zinssätzen sowie daran, dass die Banken einen solchen Kredit ohne Einhaltung irgendwelcher Fristen kündigen können. Aufgrund der komplexen Zinsstrukturen des Kredits kann man leicht den Überblick über die Höhe der zu zahlenden Zinsen verlieren. Eine Kündigung der Bank kann verheerende Folgen bis hin zur Insolvenz nach sich ziehen.
Fazit – Kontokorrentkredit überbrückt vor allem kurzfristige Engpässe
Um vorübergehende Liquiditätsprobleme zu überbrücken, ist der Kontokorrentkredit eine gute Lösung. Allerdings sollte man immer die Zinsen im Blick behalten, denn sie sind bei dieser Kreditart wesentlich höher. Auch die Zeit, innerhalb derer man den gewährten Verfügungsrahmen ausnutzt, ist ein wesentlicher Kostenfaktor.
Wer langfristig Geld benötigt, sollte sich nach einer der anderen Kreditarten umschauen. Ein Ratenkredit ist für weniger Zinsen zu haben und birgt nicht so hohe Risiken, wie ein Kontokorrentkredit, bei dem die Bank im „worst case“ das ganze Geschäftskonto einfrieren kann. Natürlich ist ein erweiterter Verfügungsrahmen auf dem Konto verlockend, aber man sollte den Kontokorrentkredit wirklich nur kurzfristig nutzen.